14 Tage Jordanien-Rundreise mit Kindern und als Selbstfahrer – unsere Erfahrungen
Es ist 19 Uhr in Amman. Die Sonne verschwindet soeben hinter dem Meer an weißen Häusern, nur noch ein sanfter Orangeton funkelt hervor. Noch ist es ruhig, der Wind bläst munter und das Hupen in den Straßen ist für uns lediglich ein sanftes Grundrauschen. Hier oben auf einem der höchsten Hügel der Stadt sind wir fast allein. Zeugnisse der Geschichte aus den letzten beiden Jahrtausenden umgeben uns und der 360° Blick auf die 4-Millionen-Metropole erzeugt ein Gefühl der Andacht.
Als würde das allein noch nicht ausreichen, ertönen nun die Gesänge des Maghrib-Gebets über den Dächern der Stadt, die von grünen Lichtern rund um die Moschee eindrucksvoll begleitet werden. Für Muslime in der Fastenzeit steht nun die erste Mahlzeit des Tages an. Wir beobachten das Geschehen von der Zitadelle aus und schweigen. Es ist der 1. Abend unserer 14-tägigen Rundreise durch Jordanien und uns wird allen bewusst, dass wir nun in ein großes Abenteuer starten werden.
Eine Rundreise durch Jordanien als Selbstfahrer mit Kindern im Gepäck – ist das überhaupt möglich? Ja, ohne Weiteres! Wir wollen das verhältnismäßig kleine Land auf eigene Faust im Mietwagen erkunden und uns den Schätzen der Kultur und Natur ganz nach eigenen Bedürfnissen und ohne getaktete Zeitplanung hingeben. Lediglich unsere Reiseroute und ein paar vorab gebuchte Hotels pflastern unseren Weg durch das aufregende, arabische Land im Nahen Osten, den Rest lassen wir einfach auf uns zukommen.

Unser Jordanien-Reisebericht richtet sich vor allem an Familien, die auch als Individualreisende das Land entdecken und dabei trotzdem im Einklang mit den Bedürfnissen ihrer Kinder sein möchten, sowie Neueinsteigern (mit und ohne Kids) von Reisen in arabische Länder abseits der all inclusive Pfade.
Inhaltsverzeichnis

Jordanien: Visum & Einreisebestimmungen
Die Planung einer Reise nach Jordanien mit Kindern ist kein großer Aufwand. Alle wichtigen Infos bzgl. Einreise, Visum und Sicherheit holen wir uns immer direkt an der Quelle, nämlich beim Auswärtigen Amt. Hier erfahren wir, dass von allen Einreisenden ab 5 Jahren ein vorab erstellter QR-Code verlangt wird, der über die Website der jordanischen Regierung erstellt werden kann. Da wir während der noch laufenden Pandemie (Stand 2022) reisen, werden von uns auch noch Angaben zu unserem Gesundheitszustand abgefragt. Die Bezahlung des Visums erfolgt dann direkt nach der Einreise am Flughafen oder vorab über den Jordan Pass, der die Kosten des Touristenvisums inkludiert und die Eintrittspreise der wichtigsten Sehenswürdigkeiten abdeckt.
$ Good to know $: Das Touristenvisum nach Jordanien kostet pro Kopf aktuell (Stand 2022) 40 JOD, das sind umgerechnet ca. 53 €. Die Kosten für den Jordan Pass richten sich nach den Sehenswürdigkeiten, die ihr besuchen möchtet. So haben wir 70 JOD (ca. 94 €) je Erwachsener gezahlt, Kinder unter 12 zahlen keinen Eintritt, sondern lediglich das Visum. Insgesamt kamen wir so auf einen Gesamtbetrag von 294€ für den Jordan Pass und die Visa für eine vierköpfige Familie mit Kindern unter 12 Jahren.
Da ihr außerhalb Europas reist, benötigt ihr einen gültigen Reisepass und für eure Kinder einen gültigen Kinderreisepass.
Bis auf ein paar Dokumente, die alle online erstellt und noch zuhause ausgedruckt werden können, gestaltet sich die Einreise nach Jordanien mit einem deutschen Pass äußerst einfach. So haben wir alle Dokumente erst wenige Tage vor der Abreise ausgefüllt und selbst am Tag des Flugs hätte dies noch gereicht.
Wie sicher ist eine Jordanien-Rundreise?
Auch hier kann ich wieder auf das Auswärtige Amt verweisen. Kurz zusammengefasst: Jordanien ist ein sicheres Reiseland und zählt zu den sichersten Ländern im Nahen Osten. Die Kriminalitätsrate ist klein, natürlich kann es an wuseligen Orten zu Taschendiebstählen etc. kommen, aber das kann einem auch in Berlin passieren. Da Jordanien an Länder grenzt, für die aufgrund der politischen Lage Reisewarnungen ausgerufen wurden (wie z. B. Syrien und dem Irak), sollten die Grenzgebiete zu diesen Ländern vermieden werden.
Auch die Nachbarschaft zu Israel und den dortigen Konflikten hat zu einer großen Militärpräsenz in ganz Jordanien geführt, so sind häufige Straßenkontrollen auf den Autobahnen, vor Städten sowie auch an touristischen Hotspots keine Seltenheit. Ein freundliches “How are you?” seitens der Soldaten, die obligatorische Frage “Where do you come from?” sowie ein kurzer Blick in den Kofferraum sind meist an der Tagesordnung, wenn man durch Jordanien mit dem Mietwagen fährt.
Stichwort Terrorgefahr: Ja, auch in Jordanien gab es in den letzten Jahren vereinzelte Vorfälle durch terroristische Anschläge, dennoch wird die Gefahr durch Terroranschläge als gering eingestuft. Auf unserer Reise trafen wir immer wieder auf Israelis, die in Jordanien Urlaub machen. Sie berichteten uns, dass viele Israelis das Nachbarland besuchen, da sie hier ohne große Unruhen urlauben können.
Auch wir fühlten uns auf unserer Rundreise in Jordanien sicher, die starke Militärpräsenz ist anfangs ungewöhnlich, auch den Kindern fiel sie sehr auf. Da wir jedoch auf freundliche Soldaten und Polizisten trafen, die trotz ihres harten Geschützes den Kindern stets ein Lächeln schenkten, ist das anfängliche Unbehagen schnell verflogen gewesen. An touristischen Orten kann man sogar mit dem ein oder anderen Soldaten ein Schwätzchen halten und hat dabei den Vorteil, nicht nur spannende Geschichten über den Ort zu erfahren, sondern gerät dabei auch nicht in ein typisches Verkaufsgespräch.
Stichwort angemessene Kleidung in Jordanien: Jordanische Männer tragen vorwiegend lange Hosen und Hemd, kurze Shorts gelten als lächerlich. Viele Frauen sind (voll-)verschleiert, es gibt jedoch einige ohne Kopftuch – vor allem in Amman und in den Hotels. Es wird dazu geraten, als Frau zumindest Knie und Schultern zu bedecken, wir haben jedoch auch auf öffentlichen Straßen viele Touristinnen in sehr westlichen Strandkleidern gesehen sowie Männer in Shorts. Ich habe vor allem lange, luftige Kleidung eingepackt, da diese auch automatisch vor der Sonne schützt und stets ein Tuch dabei gehabt, um mich an die Umstände meiner Mitmenschen anzupassen. An privaten Stränden ist der Bikini Standard, an öffentlichen Stellen eher eine Ausnahme. Hier sollte man lieber zu züchtiger Badewäsche greifen.

Beste Reisezeit für Jordanien
Die Frage, zu welchem Zeitpunkt man am besten durch Jordanien reisen sollte, trieb uns lange um. Da ich absolut kein Fan von 30+Gradzahlen bin, entschieden wir uns vorerst für den Winter, 20 Grad an der Küste, 10 Grad im Landesinnere, evtl. Regen – ging für uns vorerst klar. Dann machte uns jedoch Corona einen Strich durch die Rechnung und wir mussten die Reise auf den Frühling verlegen. Im Dezember checkte ich interessehalber jeden 2. Tag den Wetterbericht für die einzelnen Stationen in Jordanien und siehe da: In Petra gab es wohl beträchtliche Niederschläge mit Temperaturen um die 5 Grad. Wer will da schon eine Wanderung machen?
Und so kam es dazu, dass wir in der wohl geeignetsten Zeit nach Jordanien reisten: Im April. An den Küsten waren es beständige 33 Grad mit einem frischen Wind, der die Mittagszeit auch draußen erträglich machte, in der Wüste Wadi Rum und in Petra hatten wir Glück mit 24 Grad sowie Sonne satt.
Die Monate April und Mai sowie Oktober und November gelten als beste Reisezeit in Jordanien – vor allem, wenn eine Rundreise geplant ist. Denn einfach gesagt: Im Sommer zu heiß, im Winter zu nass. So übersteigen die Temperaturen im Sommer im Osten des Landes die 40 Grad-Marke gern, ein Badeurlaub am Roten Meer ist dann auch nicht mehr erfrischend und eine Abenteuertour durch die Wüste Wadi Rum kaum machbar. Im Winter hingegen kann man zwar immer noch im Roten Meer baden, im Westen des Landes machen jedoch die feuchten, kühlen Winter das Erkunden von Gebirgsregionen zu einer Herausforderung.

Unterkünfte in Jordanien
Im Prinzip lassen sich in Jordanien die üblichen Hotelketten à la Mövenpick, Intercontinental und Co finden und buchen, in denen es den typisch westlichen Standard gibt. Unter den großen Hotelkomplexen gibt es jedoch auch arabische Marken, die häufig Männlein von Weiblein in den Schwimmbädern trennen – das muss einen nicht stören, kann aber in einem Familienurlaub ungewöhnlich sein. Ferienwohnungen von privat über Airbnb oder in größeren Anlagen gibt es selbstverständlich auch. Kleinere private Hotels sowie die meist ebenfalls privat geführten, sehr erschwinglichen Wüsten-Camps lassen sich über die typischen großen Buchungsplattformen, direkt über Facebook sowie über die eigene Website – falls vorhanden – anfragen und buchen.
Die großen Anlagen sind mit mindestens einer Sicherheitsschleuse von der Außenwelt abgeschottet, Security mit Maschinengewehren sind hier keine Seltenheit. Der Hintergrund ist einleuchtend: So gab es 2005 drei Anschläge der Terrorgruppe El Kaida auf westliche Hotelketten in Amman. Auch sorgt natürlich die Nähe zu Ländern mit vielen politischen Unruhen für verstärkte Polizei- und Militärpräsenz an touristischen Hotspots. Da wir auch zweimal in privat geführten Hotels (bzw. Camp) übernachteten, die über kein ausgeklügeltes Sicherheitssystem verfügten, können wir rückblickend sagen: Auch hier haben wir uns nicht unsicher gefühlt!

Die längsten Abschnitte der Reise, also in Akaba und am Toten Meer, sollten auch die heißesten werden. Daher hatten wir für diese Tage einen größeren Hotelkomplex mit Pool, Restaurants und Spielmöglichkeiten für die Kids eingeplant. Eigentlich sind wir nicht gerade Fans von solchen Hotelanlagen, da wir aber vorab nicht die touristische Infrastruktur Jordaniens einschätzen konnten, waren wir rückblickend sehr froh über die Bequemlichkeiten der westlichen Großhotels, oder besser gesagt Ressorts. Hinzu kam, dass wir während des Ramadans reisten und außerhalb von Hotels und touristischen Pfaden kaum an vollwertige Mahlzeiten kamen, sondern stets bis 19 Uhr warten mussten, um in Restaurants zu dinieren – mit Kindern also definitiv eine Herausforderung.
Mir persönlich kam das Alltagsleben in der Fremde zu kurz, da wir jede einzelne Nacht nur in Hotels übernachtet haben. So bin ich ein großer Freund von normalen Wohnungen in Gegenden, wo auch Einheimische leben, um das echte Leben zumindest in einem kleinen Ausschnitt zu sehen, dort einzukaufen und mit den Produkten zu kochen. Irgendwie stand uns die Unsicherheit und Unkenntnis über das Reiseland im Weg, als wir auf dem heimischen Sofa saßen und die Reise planten. So haben wir am Flughafen direkt nach der Ankunft einige Personen mit Schildern gesehen, die Reisende begrüßten und wohl ihre Ferienwohnung auf Airbnb an diese Neuankömmlinge vermieteten – alles sah sehr vertrauenswürdig aus (zumindest von außen betrachtet).
Unser schönstes Erlebnis hatten wir übrigens in einem einfachen, privat geführten Wüstencamp.
Individuelle Jordanien-Rundreise: Unsere Route
Amman – Jerash – Petra – Akaba & Rotes Meer – Wadi Rum – Totes Meer – Madaba – Amman: Für eine 14-tägige Rundreise in Jordanien mit Kindern nahmen wir uns diesmal etwas mehr Zeit als sonst. Die Gründe dafür sind den Bedingungen vor Ort “geschuldet”: Viele, neue und eben nicht westlich geprägte Reize können nicht nur bei kleinen Reisenden zu einer Reizüberflutung führen. Hinzu kam der Wetterbericht. Dieser sagte am Toten sowie Roten Meer konstant 35 Grad voraus. Eine Entschleunigung der Reise war uns somit sehr wichtig, um in der Hitze des Tages auch mal planlos in den Nachmittag zu leben – vor allem wenn man wie wir eine Reise nach Jordanien mit Kindern geplant hatte.

Rückblickend sind wir sehr froh, dass wir an einigen Orten 3 bzw. 4 Nächte verbracht hatten, während die von außen gesehen wichtigsten Touristen-Spots auch mit Tages- bzw. 1-2 Nächten abgefrühstückt werden konnten. Im Detail verbrachten wir 3 Nächte in Amman, 2 Nächte in Petra, 4 Nächte in Akaba, 2 Nächte in Wadi Rum und 3 Nächte am Toten Meer.

Reisebericht: Jordanien mit Kindern als Selbstfahrer
Unsere Reise beginnt in der Haupt- und zugleich auch größten Stadt Jordaniens, Amman. Zwei wichtige Flughäfen gibt es hier, Amman und Akaba, wobei letztere Stadt aus Deutschland, Österreich und der Schweiz nur selten direkt angeflogen wird. Wir fliegen ohne Umwege aus Wien nach Amman und verbringen dort die ersten 3 Nächte. Von hier aus lassen sich viele Tagesausflüge in der Umgebung machen mit einer kurzen Anreisezeit von maximal 1 Stunde, z. B. zur römischen Siedlung Jerasch oder ins Natur- & Tierschutzgebiet Schaumari. Auch ist die Hauptstadt selbst sehr sehenswert.
Unseren Mietwagen nehmen wir direkt am Flughafen entgegen. Die Übernahme des Wagens verläuft unspektakulär einfach, so wie wir es von europäischen Zielen kennen. Der Flughafen ist groß, sehr modern, lediglich ein paar betende Menschen auf ihren selbst mitgebrachten Teppichen in den sterilen Flughafenhallen zeigen uns dezent, dass wir uns in einem anderen Kulturkreis befinden.
Kurze Zeit später übernehmen wir laut des Vermieters unser „brand new car“ und staunen nicht schlecht: Der Innenraum ist komplett mit Plastik überzogen, um wohl die Neuheit des Autos zu symbolisieren und die westlichen Touristen von einer vollzogenen Desinfektion zu überzeugen. In den ersten Stunden bemerken wir, dass im Auto geraucht wurde und sich einige Kekskrümel in der Mittelkonsole befinden. Aber hey, das Auto fährt sicher und zuverlässig.
Thema Selbstfahren in Jordanien: Wir sind nicht die einzigen, die mit dem eigenen Mietwagen durch das Land tuckern. Die meisten jedoch schließen sich Guided Tours an, also geführten Touren, die in Kleinbussen die wichtigsten Stationen abfahren – mal nur für eine Tagestour, mal für mehrere Tage inkl. Hotelübernachtung. Meist handelt es sich hierbei um 6-10 Personen und 1-2 Guides, manche sind typische Bildungsreisende von teils deutschen Anbietern, aber auch einige jordanische sind unter ihnen.
Da fast alle Jordanier wirklich gutes Englisch sprechen, die Straßen sehr gut ausgebaut, die Entfernungen überschaubar sind und wir uns nie unsicher auf den Straßen fühlen, finden wir, dass man das Land sehr gut ohne geführte Guides bereisen kann. Mithilfe des Jordan Pass hat man zudem einen guten Überblick über die wichtigsten Touristenstationen der Route und ihrer Verbindungen. Eine Ausnahme stellt übrigens die Wüste Wadi Rum dar – aber dazu später mehr.
Bis auf Ammans Zentrum ist der Verkehr überschaubar. Im Stau stehen wir außerhalb Ammans nie, zum Teil sind wir neben LKW-Fahrern und Kamelen das einzige Auto auf den Straßen durch die Weiten der Steinwüsten. Tankstellen sind regelmäßig vorhanden, viele in Verbindung mit Raststätten, wo man ansprechende Toiletten und auch in Zeiten Ramadans eine Mahlzeit für Reisende findet.
Amman mit Kindern: Ist es gefährlich, bzw. zu stressig mit Kindern?
Als Startpunkt unserer Jordanien-Rundreise steht Amman. Vorab sind wir uns unsicher, wie viele Tage wir hier mit Kindern verbringen sollen, um den Kids nicht zu viel zuzumuten (außereuropäische Großstädte mit jüngeren Kids haben wir immer etwas stressig in Erinnerung). Wir entscheiden uns für 3 Nächte, um die Stadt mit Ruhe und genügend Zeit im Hotel zum Durchschnaufen zu erkunden. Zudem haben wir hier die Möglichkeit, Tagesausflüge in die entgegengesetzte Richtung unserer geplanten Route zu machen, wie z. B. nach Jerasch.
Amman durchqueren wir vorwiegend zu Fuß, das ein oder andere Mal steigen wir in ein (gelbes) Taxi, der Preis wird vor dem Einsteigen mit dem Fahrer ausgemacht, ggf. verhandelt. Der öffentliche Nahverkehr besteht aus Bussen und Taxis sowie Mitfahrgelegenheiten. Taxifahrten sind sehr günstig (umgerechnet zahlen wir ca. 2-3 € pro 15-Minuten-Fahrt) und somit für viele das Verkehrsmittel der Wahl. Unseren Mietwagen lassen wir auf dem privaten Parkplatz am Hotel bewacht stehen, in der Altstadt ist das eigenständige Fahren eh keine gute Wahl aufgrund des Verkehrs.


Amman ist riesig, staubig, teils dreckig, teils laut, aber fast immer mit Fußgängerwegen. Um dem Verkehrslärm zu entgehen, schlängeln wir uns meist durch die Seitenstraßen und befinden uns damit schnell in sehr ruhigen Wohngegenden. Die vielen Hügel und die somit steilen Straßen und Treppen überraschen uns, das Zentrum der Stadt ist wie der Boden eines Kessels, die Zitadelle auf einem der höchsten Hügel der Stadt thront direkt daneben. Wer einfach bergab läuft, wird das trubelige Zentrum ganz von alleine finden, hingegen verlaufen wir uns ständig, als wir versuchen, die Zitadelle zu erreichen.


Die Gerüche der Stadt überschlagen sich ständig, mal ist es ein beißender Uringeruch, mal eine Wolke voller orientalischer Gerüche von den zahlreichen Gewürzläden kommend. Nach 19 Uhr gesellen sich die vielseitigen Düfte der Wasserpfeifen hinzu. Unsere Große (9) läuft mit aufgerissenen Augen und voller Interesse durch die neue Welt, starrt auf die vielen vollverschleierten Frauen, die neben den eher westlich gekleideten Jordanierinnen ihre alltäglichen Dinge erledigen.
Unser Sohn (5) ist hingegen hier und da überfordert, bei hupenden Autos zuckt er zusammen, die Marktschreier schüchtern ihn ein, die teils kaputten und im Vergleich zu Deutschland ungepflegten Häuser und Autos erinnern ihn an Krieg. Wir versuchen ihm Halt zu geben und nehmen uns fest vor, nur wenige Stunden im Treiben der Stadt zu verbringen. Das freundliche Lächeln der Locals, wenn sie unseren Kindern begegnen, ist ein großer Trost für ihn, die Menschen begegnen uns allesamt nett und aufgeschlossen.




Heilspendend und eine Oase der Ruhe inmitten der Stadt ist für uns die archäologische Stätte die Zitadelle von Amman. Das weitläufige Gebiet beherbergt die Ruinen eines römischen Tempels, eine Höhle aus der Bronzezeit, eine byzantinische Basilika, einen Palast sowie eine Moschee und eine Zisterne. Hier kommt so gesehen die Geschichte der Menschheit zusammen, während das aktuelle Leben unter einem in der Ausprägung einer 4-Millionen-Stadt blüht. Wir verbringen hier einen ganzen Abend, genießen die besondere Stimmung und den Ausblick mit ein paar Leckereien von einer Bäckerei am Fuße des Hügels. Die Kinder rennen ausgelassen umher und auch wir kommen im neuen Land an.



Amman: Unsere Top 5 der Sehenswürdigkeiten mit Kindern
- Die Zitadelle von Amman auf einem der sieben Hügel Ammans: Im Jordan Pass inkludiert, besonders in der Dämmerung wenig besucht. Ein absoluter Hotspot für den Sonnenuntergang und um den Klängen des Abendgebets zu lauschen. Nehmt euch unbedingt auch bei warmen Temperaturen einen Pulli mit: Der Wind bläst hier stark. Die Kinder können sorgenfrei herumrennen, auf den Ruinen herumkraxeln und die Lichter der Stadt zählen.
- Rainbow Street: Bunt, kitschig und ein Touristenmagnet. Die Restaurants und Souvenirshops in der auffällig gestalteten Straße sind hochpreisiger als anderswo in Amman, besonders für Kinder ist die Ecke dennoch sehenswert, da sie zum einen verkehrsberuhigter ist und es zum anderen viel zu entdecken gibt.
- König Hussein Bin Talal Moschee: Ausflug in die Welt von 1001 Nacht! Zählt zu den bedeutendsten Moscheen in Jordanien und kann von Nicht-Muslimen besucht werden. Frauen müssen jedoch verhüllt sein – entsprechende Kleidung kann vor Ort ausgeliehen werden.
- Römisches Theater: Erbaut Ende des 2. Jhd. n. Chr. ist die Ruinenstätte außergewöhnlich gut erhalten und fügt sich imposant in die Kulisse der Metropole ein. Das Theater lässt sich auch von der Zitadelle aus sehen.
- Märkte von Amman: Im Nahen Osten haben längst die sterilen, super modernen Shopping Malls Einzug genommen. Dennoch gibt es sie noch, die authentischen Märkte für das alltägliche Leben, teils mit Obst und Gemüse sowie Gewürzen, teils mit viel Kram und Plunder sowie orientalischen Teppichen und traditionellen Gewändern. Direkt im Zentrum neben der Al-Husseini-Moschee befindet sich z. B. eine Marktstraße, die wohl stets sehr gut besucht sein soll. Beliebt sind auch der Souk (Markt) Jara für Kunsthandwerk jeden Freitag nahe der Rainbow Street sowie der Souk el-Atareen für Gewürze in der Altstadt. Feilschen ist übrigens Volkssport in Jordanien ;-).



Tagesausflug von Amman: Ruinenstätte Jerasch
Etwa 40 Kilometer nördlich von Amman befindet sich die antike Stadt Jerasch oder auch unter Gerasa bekannt. Ihre Bedeutsamkeit bekam die kleine Stadt vor allem im 1 Jhd. nach Chr. unter römischer Herrschaft durch das rege Handelstreiben und die guten Verbindungen in wichtige antike Handelsstädte in Vorderasien. 749 war Jerasch dem Untergang geweiht, als ein Erdbeben die Region erschütterte. Dennoch sind nach wie vor zahlreiche Baudenkmäler erstaunlich gut erhalten, weshalb Jerasch inzwischen zu einem wichtigen Touristenpunkt in Jordanien geworden ist.


Auch hier erwarten uns wieder diverse Tour–Anbieter, die eine private Führung durch das Gelände anbieten. Wir erkunden das weitläufige Gebiet auf eigene Faust und lauschen hier und da den Guides von größeren Reisegruppen.
Wir staunen nicht schlecht über die grandiosen Bauwerke aus römischen Zeiten. Vom Jupiter Tempel aus lässt sich das ovale Forum wunderbar erkennen, das zu antiken Zeiten als Handelsplatz diente. Am imposantesten finden wir das Südtheater, welches mehr als 5000 Plätze beherbergt. Ein Dudelsack-Spieler (ja, der Dudelsack kommt nicht aus Schottland, sondern ursprünglich aus Vorderasien) demonstriert den Touristen die eindrucksvolle Akustik und wir finden, dass sich Roms Bauwerke hier warm anziehen müssen.
Unter einem duftenden Pfefferbaum suchen wir Schatten und lassen die Szenerie auf uns wirken. Die Kinder sind entspannt, die Weitläufigkeit des Gebiets sowie die Möglichkeit, ein Eis zur Belohnung zu kaufen, machen diesen Ausflug sehr familientauglich.


Fazit Amman mit Kindern: etwas trubelig, sehr sehenswert und sicher
Als schnell wachsende Großstadtmetropole mit wenig Grünflächen und einer Einwohnerzahl von 4 Millionen Einwohnern ist Amman natürlich anstrengend – vor allem mit Kindern im jüngeren Alter. Rückblickend sind wir froh, dass unser Kurzer (5) aus dem Kinderwagenalter schon raus war und inzwischen auch längere Strecken zu Fuß gut meistert. Für ihn war es dennoch etwas anstrengend und im ersten Moment ein kleiner Kulturschock. Unsere Große (9) hingegen fand die neue Stadt und die spannende arabische Kultur mit all ihren Kontrasten sehr aufregend. Auch wir sind froh, dass wir Amman auf unserer Rundreise durch Jordanien nicht nur kurz durchquert haben, sondern uns mehr Zeit genommen haben, die unterschiedlichen Ecken zu erkunden. In Erinnerung wird uns vor allem der Abend auf der Zitadelle bleiben und das rege Treiben kurz vor Sonnenuntergang in der Zeit des Ramadans. Für uns kulturell definitiv ein Erlebnis!
Unsicher haben wir uns in Amman nie gefühlt, wir waren nur bis maximal 21 Uhr auf den Straßen der Stadt unterwegs, die zu diesem Zeitpunkt nach wie vor gut besucht waren. Um Taschendiebstähle zu vermeiden, lagen die meisten unserer Wertsachen bei uns im Hotelsafe, die Tasche mit Bargeld eng am Körper und die Augen stets wachsam. In Rom übrigens habe ich mich unsicherer gefühlt ;-).

Petra – viele Treppen und jede Menge Abenteuer
Für die meisten Jordanien-Reisenden stellt Petra der wichtigste Punkt einer Rundreise dar. Auch für uns war die berühmte 2000 Jahre alte Felsenstadt der Hauptgrund, um uns über das kleine Land im Nahen Osten zu informieren und schließlich dorthin eine Reise zu planen, ohne dabei zu wissen, dass Jordanien weitaus mehr Schätze für uns bereithält.
Für Petra möchten wir uns also viel Zeit nehmen und planen somit 2 Tage für die Felsenstadt ein. Die Fahrzeit aus Amman bis nach Petra sind um die 3 Stunden. Wir fahren in einem Rutsch durch und genießen die Strecke, die sich kurz nach Verlassen Ammans immer mehr zu einer Wüstenautobahn verwandelt. Große, massige Gesteinsbrocken umrahme die Straßen, roter Staub wirbelt über das karge Land. Kurz vor Petra verlassen wir die Autobahn und fahren über einen Schleichweg in Richtung Petra. 40 Minuten sind wir ganz für uns allein, nur Stein und wir und der immerwährende Wind, der uns seit unserer Ankunft begleitet.

Unser Hotel liegt ca. 5 Minuten Fahrzeit von der Felsenstadt entfernt im Bergdorf Wadi Musa und offenbart uns einen spannenden Ausblick über die rot-violetten Felsformationen, in denen sich das Neue Weltwunder versteckt hält. Das Dorf selbst ist einfach, ein paar Restaurants, Supermärkte, eine Moschee, spielende Kinder auf den staubigen Straßen, eine Handvoll Hühner und Pferde sowie natürlich jede Menge Hotels und Touristengruppen. Wie wir wollen alle das weltberühmte Kulturerbe bestehend aus 2000 Jahre alten, in Stein geschlagenen Palästen, kunstvoll verzierten Tempeln und aufregenden Felsenwohnungen des Araber-Volks Nabatäer entdecken. Wir beschließen, früh aufzubrechen, um die Felsenstadt nicht in der Mittagshitze und auch vor den Massen der Menschen zu besuchen.


Um 7 Uhr früh stehen wir vor dem Eingang des Weltkulturerbes, Sonnencreme ist griffbereit, die Hüte auf dem Kopf. Noch ist es frisch hier im Canyon, den wir nun ca. 2 km durchqueren werden, bis wir zum Kern der Stadt stoßen. Allein der Weg dorthin ist ein großer Spaß für uns alle. Viele kleine Höhlen lassen sich vom Wegesrand entdecken, die Kinder sind begeistert. Die massiven, roten Felswände, die bis zu 80 Meter hoch neben uns emporragen, präsentieren sich als wahres Kletterparadies. Noch sind wir fast für uns allein und können unser Glück kaum fassen, so ein Wunder in aller Entspanntheit zu genießen.




Nach etwa 30 Minuten erreichen wir das Schatzhaus, welches das Top-Motiv für den nun immer mehr aufkeimenden Massentourismus ist. Die ersten Golfcars beladen mit betagten und/oder beleibten Besuchern düsen an den für Touristen vorbereiteten Eseln und Kamelen vorbei, die Stände mit allerlei Souvenirs werden plötzlich mehr. Auf dem Hauptplatz der Felsenstadt gibt es trotz Ramadan Kaffee, Tee und Snacks. Einen frisch gepressten Granatapfelsaft gönnen auch wir uns, wir wollen ja gestärkt in den Tag starten. Ja, hier ist es sehr touristisch und dabei ist es gerade erst einmal 8 Uhr morgens!


Wir blicken nach oben und sehen zahlreiche Wege, die in die schroffen Felsen hineingehen. Spontan entscheiden wir uns für eine Wanderung, die uns auf der mitgegeben Karte angezeigt wird. 6 km und tough, sagt uns die Karte. Wir starten trotzdem und werden keine Sekunde bereuen. Denn auf die Wanderwege, die sich um die Felsenstadt schlängeln und an der ein oder anderen Stelle einen bombastischen Blick auf Petra und die Steinwüste präsentiert, geht die Masse nicht. Unsere Kids lieben die verborgenen Wege und Treppen durch die Felsen, die in der Morgensonne mal strahlend rot, mal leuchtend lila magisch aussehen. Selbst unser 5-Jähriger jammert keine Sekunde. Hier entdecken wir Bergziegen, da einen verwunschen Tempel, oft sind wir ganz allein auf den Treppen und Wegen durch den Canyon. Für uns wird es die wohl schönste Wanderung bleiben, die wir als Familie in den letzten Jahren erleben durften.




Akaba & Rotes Meer – ein kleiner Badeurlaub
Die Fahrt von Petra nach Akaba geht quer durch die inzwischen eher sandige Wüste. Auch an der berühmten Wadi Rum kommen wir vorbei, die viele Tagestouristen aus Akaba besuchen. Inzwischen sind immer mehr Kamele aus der Entfernung zu entdecken, mal in einer größeren Gruppe, mal vereinzelt direkt neben den LKWs. Die Natur wirkt nun fast lebensfremd, Geröll, Sand, vertrockneter Boden. Hin und wieder offenbart das Nichts einen dürren, armen Straßenköter, der hechelnd nach seinem Glück sucht. Neben der imposanten Kamele und der verwaisten Hunde sind es die Beduinenzelte, die das einzige Leben in dieser wasserarmen Region versprechen. Vereinzelt stehen sie im Schatten der Berge, ein rostiger alter Truck und eine paar Ziegen befinden sich davor.

Nach 2 Straßenkontrollen erreichen wir Akaba und tauchen sogleich in eine Welt voller Kontraste ein. Die nächsten 4 Nächte werden wir hier am Roten Meer in einem Hotelkomplex mit Pool und eigenem Strand nächtigen – abgeschottet von der teils chaotischen, teils dreckigen, aber vor allem eher ärmeren Außenwelt. Der Grund für diese, eigentlich nicht zu uns passende Urlaubsart ist praktischer Natur: nach Stadt und Abenteuer-Wanderung haben wir bereits während der Urlaubsplanung vermutet, dass die Kids eine Auszeit benötigen. Hinzu kommt das Wetter, das für Akaba Temperaturen um die 35 Grad vorhersagt. 35 Grad bedeuten für mich im heimischen Gefilde Keller oder Kino, ein Hotel ohne Möglichkeit sich drinnen längere Zeit aufzuhalten, kommt für uns also nicht in Frage für diese Zeit.




- Wadi Rum: Wer nicht in einem Beduinen-Camp wie wir direkt in der Wüste nächtigen möchte, sollte sich aus Akaba nicht diese tolle Sandwüste entgehen lassen. In nur 40 Minuten erreicht ihr die unglaubliche Weite der Wüste, die viele Abenteuer bereithält.
- Moscheen und Märkte: Uns verzaubern die verspielte Bauweise der Moscheen und ihre täglichen Gebetsgesänge. Die Zentralmoschee in Akaba ist zudem besonders imposant zum Anschauen. In der Nähe findet auch freitags ein Markt für Kunsthandwerk statt, auf dem ihr das ein oder andere Souvenir ergattern könnt.
- Taucher-Hotspot Akaba: Für alle Fans der Unterwasserwelt ist die Tauchregion rund um Akaba ein Mekka: Ein versunkenes Flugzeug und das Yellowstone Reef sind die beliebtesten Attraktionen.
- Ayla Oasis: Wer westlichen Luxus à la Latte Art Kaffee oder hippe Bars und Restaurants sucht, der wird hier fündig. Hinter den bewachten Toren verbirgt sich ein sehr schick gestalteter westlicher Lifestyle, den wir nur zum Kaffee trinken und Eis essen während der Fastenzeiten aufsuchten. Ob hier die Einheimischen ihre Zeit verbringen? Wohl eher kaum.
- Akaba Castle: Wird als Sehenswürdigkeit angepriesen, aber könnte auf dem ersten Blick auch mit einer großen Baustelle verwechselt werden. Ob es sich lohnt? Bei einem Spaziergang durch Akaba kann man mal vorbeischauen, muss man aber auch nicht :-).
Fazit Akaba: Wer kein großer Tauchfan ist und auch nicht nur in einem westlich geprägten Hotelresort rumhängen möchte, der muss auch nicht nach Akaba. Wir haben den sauberen Hotelstrand trotzdem genossen und die Eindrücke der letzten Tage verarbeitet, um dann in ein neues Abenteuer unserer Jordanien-Rundreise zu starten: Die Wüste Wadi Rum stand nun auf unserer Route.


Wadi Rum – ein natürlicher Abenteuerspielplatz für die ganze Familie
Imposante Felsen, die zum Klettern einladen, Sand in allen erdenklichen Farben, wilde Kamele, versteckte Oasen und Felszeichnungen aus prähistorischen Zeiten – die Sand- und Felswüste Wadi Rum im Osten des Landes ist eine der wichtigsten touristischen Ziele in Jordanien. Die meisten Touristen verbringen hier nur einige Stunden, buchen eine Jeep–Tour oder einen Ausritt mit Kamelen und kehren dann wieder in ihr Komfort-Hotel zurück. Unter den Besuchern gibt es jedoch auch die Extremabenteurer, die die Wüste zu Fuß erkunden, in einfachen Zelten mehrere Tage lang im Nirgendwo schlafen, oder an den steilen Felswänden hinaufklettern.

Keiner von uns war schon mal zuvor in einer Wüste. Für uns steht damit schnell fest: Ein einfacher Ausflug wird uns nicht reichen, wir möchten hier schlafen und aufwachen. Unterkünfte im Naturreservat lassen sich einige finden. Die meisten davon sind einfache, fest aufgeschlagene Zelte in Beduinen–Camps mit gemeinschaftlich genutztem Bad, Abendessen und Frühstück. Doch auch wenige Luxus-Varianten entdecken wir auf unserer Recherche. Sogenannte Bubble–Luxus–Camps mit Jacuzzi und stylischer Ausstattung. Wir möchten es authentischer und entscheiden uns für 2 Nächte in einem einfachem Beduinen-Camp mit eigenem Badezimmer als persönlichem Luxus. Umgerechnet 30 € zahlen wir für uns 4 pro Nacht und liegen damit weit unter den Preisen der anderen Hotels in Amman, Petra und am Roten Meer.

Egal ob Tagesausflug oder Übernachtung, alles zentriert sich im Touristenzentrum von Wadi Rum, wo auch der Jordan Pass wieder zum Einsatz kommt. Von hier aus werden nicht nur verschiedene Touren angeboten, uns wird auch der Weg ins Camp erklärt. Schnell wird uns bewusst, dass ein Ausflug in die Wüste ohne einer Person an der Hand, die sich hier auskennt, kaum machbar ist. Es gibt praktisch keine Straßen, die Weite der Wüste ist für uns kaum einschätzbar und die Hitze wird aufgrund des Windes unterschätzt. Eine Wanderung durch die marsartige Atmosphäre könnte böse enden. Und so kommt es dazu, dass wir nach langem Suchen nach dem Camp doch wieder im Touristenzentrum ankommen und uns von den Besitzern abholen lassen.

Jeep-Wüstentour durch Wadi Rum
Am nächsten Tag widmen wir uns der Wüste. Der Bruder des Camp-Ältesten wird unser Tour-Guide sein und uns in seinem Jeep für 6 Stunden an die schönsten Stellen der Wadi Rum bringen. Wir dürfen wahlweise auf der Ladefläche Platz nehmen oder geschützt vor Sonne und Wind im Innenraum. Im Verlauf des Tages sehen wir nicht nur die Vielseitigkeit dieser für uns absolut fremden Welt, sondern werden auch zu einem nahem Verwandten des Camp-Besitzers auf eine Tasse Tee und eine kleine Musikeinlage in seinem windigen Zelt eingeladen. Die Kinder machen gut mit, staunen sehr über Höhlenmalereien und greifen selbst zu einem Stück Kohle, um die historischen Werke zu vollenden.



Am Ende des Tages schlägt unser Gastgeber noch eine Kameltour zu einem Punkt vor, an dem man wunderbar den Sonnenuntergang betrachten kann. Wir sagen nicht nein (auch wenn wir nachträglich den Kamelritt nicht als sonderlich gemütlich bezeichnen werden) und staunen nicht schlecht, wie das Abendlicht die Wüste in eine friedliche, lebensfreundliche Atmosphäre verwandelt. Während tagsüber Sonne und Wind die Expedition an der ein oder anderen Stelle erschweren, haben wir nun Lust über den angenehm temperierten Sand zu rennen und uns die Dünen hinunter zu stürzen.



Einmalige Erfahrungen im Beduinen-Camp
Das Wüstencamp begeistert uns alle, die Zelte sind sauber, die Besitzer, die hier auch groß geworden sind, lächeln ehrlich und aufgeschlossen. Im Zentrum des Camps ist ein einladender Platz mit Feuerstelle, der von Fackeln umrahmt ist. Hier kommen wir in der Dämmerung mit den anderen Reisenden zusammen, sitzen andächtig um das prasselnde Feuer, trinken frisch servierten Tee und lauschen der Ruhe. Unser Sohn buddelt in der Zwischenzeit das 10. Loch und erfreut sich über den XXL-Sandkasten, der nie aufzuhören scheint.
Eine kurze Zeit später werden die Gäste ums Haus gebeten. Nun gibt es nicht nur einfach Abendessen, es wird regelrecht zelebriert. Ganz nach beduinischer Tradition wurden Kartoffeln, Gemüse, Fleisch und Reis in einem speziellen Ofen unter dem Sand eingegraben und angefeuert durch Kohle oder Kamelkot den ganzen Tag gekocht. Jetzt darf das fertige Mahl wieder die Oberfläche erblicken, wir Gäste stehen staunend um die stolzen Köche. Mit einem großen Applaus wird das Essen in das Hauptzelt gebracht und serviert.

Nach dem köstlichen Abendessen fordert der Camp-Älteste seine Gäste überraschenderweise zum Tanz auf. Nun ergibt auch die Raumaufteilung einen Sinn: Der Mittelpunkt des Raumes ist leer, der Boden frisch gewischt und die Tische an den mit Teppichen ausgekleideten Zeltwänden. Ein großer Partylautsprecher mit Lichtanlage wird angeschmissen, moderne, arabische Club-Musik ertönt laut aus den Lautsprechern. Es wäre gar unhöflich, die Bitte der Beduinen auszuschlagen und so folgen wir brav den Tanzanweisungen der Männer (nur den Kindern zuliebe natürlich ;-)).
Nach und nach stehen die weiteren Gäste auf und hüpfen über den gewischten Boden, anfangs etwas verschämt, nach kürzester Zeit jedoch ausgelassen und fröhlich. Unsere Kinder staunen nicht schlecht, dass wir, die eigentlich langweiligen Tanzmuffel, auch unser verrostetes und hölzernes Tanzbein schwingen. Nach 45 Minuten ist der Spaß vorbei und während wir mit den Kids müde in die unfassbare Stille der Nacht eintauchen, bleibt ein Teil des Camps noch bei ausgelassenen Gesprächen über vergangene Partynächte mit den Besitzern zurück.

Fazit Wadi Rum: Es ist die unglaubliche Stille der Wüste, die unfassbare Weite der Natur, die Andersartigkeit der Landschaft mit all ihren Farben und die Freundlichkeit der Menschen, die unsere Zeit in der Wadi Rum zu einem einmaligen Erlebnis machten. Daher finden wir, dass ein Besuch der Wadi Rum ein Pflichtprogrammpunkt auf jeder Jordanien-Reise sein sollte.
Totes Meer und auf den Spuren des Christentums
Unser letzter Punkt der Reise wird das Tote Meer sein. Mit seinen 400 Metern unter dem Meeresspiegel gilt dieser Fleck Erde als tiefster Punkt weltweit. Auch hier haben wir uns wieder für einen größeren Hotelkomplex direkt am Toten Meer entschieden, die Tage werden auch wieder sehr heiß werden. Geplant ist an dieser Stelle auch der Besuch von religiösen Stätten. Zwar lag hier nie unser Schwerpunkt der Reise, aber wer in Jordanien zu Besuch ist, kommt ohne große Bemühungen an den heiligen Orten vorbei. Nicht umsonst ist die Reise bei Pilgern sehr beliebt und da wir alle in einem christlich geprägten Land groß geworden sind, selbst jedoch keiner Religion angehören, finden wir es umso wichtiger, unseren Kindern diese Kultur auch etwas näher zu bringen. Und wo ist Religionsunterricht denn so anschaulich wie in in einem Land, durch das der heilige Fluss Jordan fließt?


3 sehenswerte Heilige Stätte in Jordanien
- Jesus Taufstelle oder auch die Wiege des Christentums (The Baptism Site Of Jesus Christ): An dieser historischen Stelle direkt neben dem Jordan soll Jesus von Johannes dem Täufer getauft worden sein; archäologische Funde sollen den Vorfall beweisen können. Der Bereich ist militärisch stark geschützt und nur über eine geführte Tour zu besichtigen. Besonders spannend: Auf der anderen Seite des Jordans blickt man zu Israel und ist lediglich 2 Meter von der Grenze entfernt. So kann man israelische Pilger dabei beobachten, wie sie ihr heiliges Bad im Jordan nehmen.
- Städtchen Madaba: Zwischen Totem Meer und Amman liegt die Stadt der Mosaike, die auch einige religiöse Sehenswürdigkeiten beherbergt. U. a. kann in der St. Georgs Kirche eine antike Landkarte aus Mosaiken bewundert werden sowie die Kirche der Enthauptung von Johannes dem Täufer, ein beliebtes Ziel für Pilger.
- Mount Nebo: Etwa eine halbe Stunde vom Toten Meer entfernt befindet sich der Berg, auf dem der Prophet Mose das gelobte Land sehen, aber es selbst nicht betreten konnte, da er hier wohl auch verstarb. Ein Grabstein erinnert an das Ereignis, auch wenn bis heute niemand die eigentliche Grabstätte kennt. An dieser Stelle könnt ihr über das Jordantal auf das Tote Meer bis nach Israel sehen.


Wie fühlt sich das Tote Meer an?
Das Tote Meer ist für uns auch alle eine neue Erfahrung. Vom Gefühl des Schwebens wurde uns zwar immer wieder berichtet, aber so richtig vorstellen konnten wir uns darunter wenig. Neben einer großen Poollandschaft, die die Kinder anspricht, interessiert uns vor allem der kleine private Strand am Toten Meer, der neben ein paar Liegen zum Entspannen auch einen Krug voll Meeresschlamm präsentiert. So ist der Urlaub an diesem Naturwunder für einige nach wie vor eine natürliche Wellness-Auszeit. Die vielen Mineralien in der Luft und im Wasser sollen nicht nur gut zu Gelenken, Haut und Lunge sein, auch sollen sie psychischen Stress lindern. Ein Schlammbad ist also definitiv gesundheitsfördernd.
So viel zur Theorie. Unsere 9-Jährige ist hellauf begeistert, sich die schwarze Pampe ins Gesicht zu schmieren und damit ins fast ölige Wasser zu gleiten. Einmal die Beine angezogen schwebt sie wirklich scheinbar im Wasser, berichtet uns jedoch zugleich, dass man sich schon ein wenig anstrengen muss, die Position so zu halten. Nur wenige Sekunden später kommt jedoch ihre Ernüchterung: Das Wasser brennt auf der Haut! Der hohe Salzgehalt ist eben auch sehr reizend – vor allem für sensible Kinderhaut. Welch ein Glück wir doch haben, das Süßwasserduschen bereitstehen und unsere Tochter erlösen. Ich hingegen verweile etwa 10 Minuten im wohltemperierten Wasser, merke dann aber an der Luft ebenfalls das unangenehme Brennen und freue mich über die Dusche. Trotzdem fühlt sich der Körper nach diesem kurzen Schlammbad toll an, sodass wir unsere kleine Wellness-Prozedur in den nächsten 2 Tagen wiederholen möchten.




Übrigens: Das Tote Meer ist in Gefahr und trocknet aus. So gehen pro Jahr ein Meter des Wasserspiegels verloren. In gar 30 Jahren könnte der einzigartige Salzsee im Nahen Osten versickert sein, was wiederum verheerende Folgen für hier ansässige Pflanzen und Tiere hat. Das Problem ist wohl menschengemacht, da das meiste Trinkwasser für Jordanien und Israel aus dem Jordan gewonnen wird, der eigentlich das Tote Meer speist, aber kaum noch zu ihm vordringt. Auch spielt eine starke Verdunstung des Wassers eine Rolle, der Klimawandel ist hier definitiv kein Vorteil, sondern heizt diese im wahrsten Sinne des Wortes nur an.
Mit einem letzten Schlammbad beenden wir unsere Jordanien-Rundreise und kehren zum Flughafen nach Amman zurück.
Fazit: Unsere Rundreise durch Jordanien mit Kindern
Jordanien ist ein sehr sehenswertes, so vielseitiges und extrem freundliches Reiseland – auch für Kinder, auch für Selbstfahrer. Wir haben uns zu keinem Zeitpunkt der Reise unsicher gefühlt, wurden stets freundlich empfangen und hatten an jeder noch so unüblichen Ecke ein Pläuschchen mit einem Einheimischen, der uns spannende Geschichten über sein Land erzählen konnte. Der anfängliche Stress in der Großstadt Amman für unseren 5-jährigen Sohn verflog schnell in der Abenteuerwelt Wüste, sodass auch er auf seine Kosten kam. Unsere Tochter hingegen war von Anfang an über die Fremdartigkeit des Landes und die neue Kultur begeistert, erfreute sich aber auch über die westlichen Hotelanlagen mit Pool, wo sie einfach nur stundenlang abtauchen konnte.
Auch wir genossen jeden Tag dieser so spannenden Reise, die uns auch viel mehr über die Gepflogenheiten des Islams lehrte, uns neue fremdartige Lebensräume offenbarte und uns vertiefter über den Nahostkonflikt nachlesen ließ. Selbst über unsere eigene Kultur, das Christentum, lernten wir hier mehr als zuhause. Jordanien ist ein Land mit einer tiefen Geschichte, die weltweit so viele Wurzeln geschlagen hat, sodass es fast ein Jammer wäre, diese nicht näher zu erforschen und zu hinterfragen.

Genau an dieser Stelle muss aber auch gesagt werden, dass wir das Alter unserer Kinder für diese Reise nicht ganz ideal fanden. Während unsere 3.-Klässlerin schon so einiges mitnehmen konnte, viele kulturelle Gegebenheiten hinterfragte und anfing, sich mit dem großen Wort “Religion” auseinanderzusetzen, war unser Kindergartenkind einfach noch zu klein für die Fülle an kulturellem und politischem Gut, welches das Land so anschaulich und vielseitig präsentiert. Die meisten Familien, die wir auf unserer Route durch Jordanien trafen, waren vorwiegend Familien mit Kindern im Schulalter. Kleinere Kinder oder Babys sahen wir lediglich in den großen Hotelanlagen.
Dennoch wird uns allen die Reise sehr farbenfroh und lebendig in Erinnerung bleiben. So freuen wir uns jetzt schon auf das Nachbarland Israel, um ein weiteres, gar neues Bild von einer spannenden Kultur im Nahen Osten zu bekommen. Diese Reise muss aufgrund der aktuellen Vorkommnisse noch etwas warten, aber Jordanien hat uns einen tollen Vorgeschmack bereitet.
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